Landräte stellen klar:

Mit Unverständnis und Widerspruch haben die Landräte in Sachsen-Anhalt das Interview der Integrationsbeauftragten der Landesregierung, Susi Möbbeck, in der Mitteldeutschen Zeitung vom 21. Februar 2023 zur aktuellen Situation bei der Flüchtlingsunterbringung zur Kenntnis genommen.

„Die Unterbringungssituation ist auch in den Landkreisen in Sachsen-Anhalt überaus angespannt, die Kapazitäten sind nahezu erschöpft. Das muss die gesamte Landesregierung zur Kenntnis nehmen und uns helfen, personell, finanziell und durch eigene weitere Aufnahmeeinrichtungen des Landes. Im Moment haben wir den Eindruck, dass nach dem Bund auch das Land unsere Situation nicht ernst genug nimmt. Schönreden hilft uns gar nicht“, fasst Götz Ulrich, Präsident des Landkreistages, das Ergebnis eines Austausches der Landräte vom heutigen Tag zusammen.

Zusätzlich zu den ukrainischen Kriegsflüchtlingen verteilt das Land Flüchtlinge aus anderen Staaten auf die Landkreise. Auch diese Flüchtlinge müssen untergebracht, medizinisch versorgt und betreut werden. „Wenn die Zuweisungen an die Landkreise weiterhin auf hohem Niveau bleiben, droht auch in Sachsen-Anhalt eine Unterbringung in Notunterkünften wie Zelten oder Turnhallen“, stellt Landrat Markus Bauer, Vizepräsident des Landkreistages, fest. Und weiter: „Wir erwarten von der Landesregierung ein deutliches Zeichen, dass die Sorgen der Landkreise ernst genommen werden. Statt auf einzelne Landkreise mit dem Finger zu zeigen, hätten wir uns gewünscht, dass die Integrationsbeauftragte sich in Gesprächen mit den Landkreisen vor Ort über die aktuelle Situation informiert. Denn wir können die damit verbundene Herausforderung nur gemeinsam meistern.“
„Die Frage von Kapazitäten bei der Flüchtlingsunterbringung ist nicht eine Frage der Solidarität, sondern der praktischen Verfügbarkeit. Überall dort wo wir viele Menschen gleichzeitig unterbringen, entstehen neue Aufgaben: Kita, Schule, medizinische Versorgung, Sozialarbeit. All diese Themen werden von Frau Möbbeck weder adressiert noch werden Lösungen dafür aufgezeigt“, so Christian Tylsch, Landrat des Landkreises Wittenberg.
André Schröder, Landrat im Landkreis Mansfeld-Südharz ergänzt, dass sich die Landkreise nicht weigern, die ukrainischen Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, denn „es liegt gar nicht in der Hand der Kommunen, wo sich die Ukrainer registrieren lassen. Der Zuzug erfolgt - vom Bund gewollt - zufällig und die Ukrainer zieht es vor allem in größere Städte.“
Auch die Erweiterung der eigenen Unterbringungskapazitäten durch das Land würde den Landkreisen helfen, um eine vorübergehende Entlastung zu bekommen und „Luft zu holen“. Daher spricht sich der Landkreistag dafür aus, die geplante Einrichtung in Stendal oder andere Erstaufnahmeeinrichtungen alsbald ans Netz zu nehmen.
„Das Land ist zudem in der Pflicht, einen vollständigen Ausgleich der Kosten der Landkreise für die Aufnahme und Integration der Ukrainer und der anerkannten Schutzsuchenden aus Drittstaaten sicherzustellen“, ergänzt Präsident Ulrich. Derzeit werden zwar die Kosten für die Asylbewerber vollständig vom Land übernommen. Die Unterbringung der Ukrainer und der anerkannten Schutzsuchenden finanzieren jedoch die Landkreise und kreisfreien Städte zu einem großen Teil aus ihren Haushalten. Allein das belastet die Kommunen mit ca. 12,6 Mio. Euro im Jahr. Auch an den Betreuungskosten für diesen Personenkreis beteiligen sich Bund und Land aktuell nicht.

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